Verfasser: Julia
Heute wird es romantisch, denn es geht um die Liebe. <3
„Coup de Foudre“, das ist Französisch, und ich habe mir von des Französischen mächtigen Personen übersetzen lassen, dass es sowas heißt wie „Liebe auf den ersten Blick“.
Das Ganze stammt aus einem wunderschönen, sehr sehenswerten Videoausschnitt, den ich gerne hier verlinken möchte, denn für mich bringt er absolut auf den Punkt, wonach man ein Pferd kaufen sollte.
Um meinen Standpunkt verstehen zu können, muss man wissen, nach welchen Kriterien ICH meine Pferde gekauft habe.
Pferd 1 war schon vor seiner Geburt ein Tabuthema für mich. Einer anderen Dame versprochen, mit der ich keine Lust auf einen Konflikt hatte, ein wilder Mix planloser züchterischer Ambition für den Hausgebrauch und als das Tier dann auf der Welt war, hatte es auch noch die falsche Farbe, denn ich träumte vom Schimmel und das just geborene Ross war braun. Ich wollte dieses Pferd nicht, das wusste ich schon, bevor er da war.
Und dann war er tatsächlich da: Unsicher auf staksigen Beinen stehend, so schüchtern und zurückhaltend, wie er nie wieder sein würde, unschuldig, eigenartig mit einer viel zu großen Blesse im Gesicht und mager – und ich ging zu dieser Box, sah dieses Tier, das mir erst mal den Hintern zudrehte, und ich wusste:
Das ist MEIN Pferd. Es war, als würde man mir von allen Seiten ins Ohr flüstern, dass ausgerechnet dieses Tier nur für mich geboren worden war, MEINS war, MEIN Pferd.
Ich kaufte ihn.
Pferd 2 sah ich im Internet, beim zwanglosen Stöbern und Informieren über die Rasse, der er angehört. Ich scrollte durch, sah sein Bild – und war angefixt. Das, was ich da sah, fesselte mich, gefiel mir unglaublich gut – tolles Exterieur, perfekte Farbe (der Geschmack hatte sich im Laufe der Jahre gewandelt), spannender Gang, und wenn man schon „nur mal gucken“ fahren geht, weiß man doch, es ist eigentlich bereits zu spät.
Pferd 2 sah mich ebenfalls zunächst so gar nicht an, überzeugte dafür auch in live, und immer und immer wieder saß ich vor dem Computer und sah mir dieses Verkaufsbild an…
Ich kaufte auch ihn.
Beide habe ich bis heute.
Und beide habe ich gekauft, um sie bis ans Ende ihrer Tage bei mir zu behalten. Ja, ich bin ein Romantiker, der an die ewige Liebe und Treue glaubt. Und ja, die Realität zeigt, dass solch eine Liebe aus mehr besteht als nur eitel Sonnenschein, und dass die Gefühle, die man am Anfang füreinander empfindet, sich auch im Laufe der Jahre ändern (ich unterstelle meinen Pferden nun einfach mal, dass sie mich inzwischen auch recht gut leiden können – wenn auch nur aus Mangel an Alternativen!).
Ich bin aber auch ein Realist.
Ein Pferd lebt gut und gerne 35 Jahre. In dieser Zeit kostet es einen A…. voll Geld und nimmt unglaublich viel Zeit in Anspruch, wenn man die Reiterei vernünftig betreiben möchte. Es wird immer wieder „Durststrecken“ geben, Phasen, in denen nichts klappt oder das Tier dauerkrank ist oder man selber bis zum Hals in anderen Dingen eingespannt ist, sodass das Pferd nicht mehr die Nummer 1 ist.
Und ganz ehrlich? Ohne die Liebe, ohne einen gewissen Idealismus von Anfang an würde ich mir das nicht antun. Ich könnte mit dem Geld, das ich jährlich in meine Pferde stecke, locker (!) dreimal pro Jahr all inclusive in den Urlaub fahren, für mindestens zwei Wochen. Und da kam noch NICHTS Gravierendes dazwischen, was Tierarztkosten verursacht.
Ich würde mir kein Pferd „halbgar“ kaufen, so nach dem Motto: „Oh, der ist nett, passt schon, nehm ich den halt mal mit“.
Nein, lieben muss man das Tier, anschauen muss es einen und man muss fühlen, dass es dieses Pferd ist, dem man seine Passion widmen will!
Ich habe meinen Reitlehrer erlebt, in seinen 60igern, ein älterer, weiser Mann, der Tausende von Pferden in seiner Karriere gearbeitet hatte. Er kaufte ein Pferd, eine junge Stute, und wie er sie ansah, und wie er von ihr sprach, und wie er sie händelte – er liebte dieses Tier, er brannte für sie und ich bin mir sicher, er wird für dieses Pferd durch die Hölle gehen und zurück, was er glücklicherweise nicht muss, denn er versteht sein Handwerk aufs Beste und das Pferd wird keine furchtbar schlechten Erfahrungen sammeln.
So muss es sein, so muss man füreinander brennen, so brenne ich für meine beiden Wallache und so erst wird schnödes Arbeiten mit dem Pferd zur Kunst AM Pferd.
Ein Pferd ist ein Meisterwerk der Natur, ein Kunstwerk, formbar, plastisch, mannigfaltig.
Ein Reiter, der sein Pferd wirklich aus brennender Brust heraus liebt, wird es immer anders berühren und behandeln als ein Reiter, der halt „zufällig“ ein Pferd hat. Der Eine ist Handwerker – der Andere ein Künstler.
Und hier trennt sich die Spreu vom Weizen, hier geht die Sonne auf – oder unter.
Ein Handwerker kann brauchbare Ergebnisse liefern, er kann solide Tatsachen schaffen, er kann Rohmaterial zum Endprodukt fertigen.
In jedem Reiter sollte auch ein Handwerker stecken.
Doch ein Handwerker, der gleichzeitig auch ein Künstler ist, schafft kein Endprodukt, sondern ein Kunstwerk, das den Betrachter in zufriedenes Staunen versetzt, weil es das Betrachten wert ist, und es dazu einlädt. Das Endprodukt benutzt man, das Kunstwerk auch, aber es steckt Wertschätzung dahinter, Achtung und Bewunderung. Das wünsche ich jedem Tier auf Erden.
Ich glaube wirklich, dass es diese beiden Welten gibt in der Reiterei, und es sind wirklich Welten, die sie trennen.
Der Handwerker wird nie verstehen, was der Künstler in dem Tier sieht, und wenn der Handwerker ein wirklich guter ist, muss er das vielleicht auch gar nicht, denn auch dann wird er vernünftig mit dem Endprodukt umgehen und es ordentlich behandeln und es muss dem Tier nichts wegnehmen.
Und vielleicht schadet so mancher Künstler mit seinem verklärten Blick auch dem Kunstwerk, aber dann war er zuvor schon kein guter Handwerker, und wir erinnern uns, Kunst kommt immer auch von Können und das muss stets vorhanden sein.
Und um das Kunstwerk zu schaffen, um mich überhaupt intensivst damit zu befassen, braucht es meines Erachtens eine Initialzündung, den ersten Blick, und die Liebe auf diesen dazu.
Gibt es den nicht, dann …
... fehlt was.
Aber da spreche ich nur für mich.