Verfasserin: Katharina 

 

Julia meinte neulich zu mir, ich solle doch mal was über alte Pferde schreiben.
Im ersten Moment dachte ich: " Was? Wieso ich?"
Ich empfinde meine Pferde noch gar nicht als alt.
Tatsache ist aber, dass mich zwei der Buben bereits seit 20 Jahren begleiten. Und ja, mit 24 und 35 Jahren sind sie schon älter bzw alt.
Warum es mir aber nicht wirklich auffällt, liegt wohl daran, dass ich zwei sehr zähe Exemplare habe. Und selbst der Methusalem mit 35 Jahren wird noch einmal die Woche locker im Gelände geritten.
Natürlich verändert sich die Art des Zusammenlebens und der Umgang mit den Jahren.
Ob das allerdings am Alterungsprozess der Pferde liegt oder vielleicht vielmehr an meinem eigenen... Das kann ich nur schwer einschätzen.
Fakt ist, meine zwei Senioren haben mich von meiner Pubertät bis jetzt begleitet und ich habe mich in dieser Zeit sehr verändert. Ich stand oft vor Problemen, habe Dinge versucht, bin gescheitert. Aber dadurch, dass sie stets an meiner Seite waren, habe ich aus ihren Rückmeldungen sehr dazugelernt.
Durch den Einsatz in der Reittherapie konnte ich auch nach vielen gemeinsamen Jahren nochmal neue Seiten an ihnen kennenlernen und sie wohl auch an mir.

Zu sagen, dass ich das fortschreitende Alter überhaupt nicht merken würde, wäre natürlich eine glatte Lüge.

Zwei Dinge verändern sich nämlich deutlich.

Die Eigenheiten nehmen zu, nehmen zeitweise recht sonderliche Formen an.
Und die Ansprüche an die Fütterung verändern sich natürlich massiv.

Zur Fütterung:
Mein älteres Pferd, naja Kleinpferd,  war immer äußerst leichtfuttrig und kam ohne große Mengen Kraftfutter aus. Seitdem er ungefähr 22 ist,  bekommt er täglich 1,5kg Hafer als Erhaltungsration und braucht das auch, um seinen muskulären Zustand beibehalten zu können.
Bei dem ganz alten Herren handelt es sich um einen Vollblutmix mit osteuropäischer Herkunft. Er hat, weil sehr schwerfuttrig,  schon immer Zusatzfutter bekommen.

Seit 2013 sind die Kunden seiner Zähne so abgenutzt, dass es ihm unmöglich ist, das Heu noch richtig zu kauen. Er kaut zwar Wickel und lutscht daran, aber nach einer schweren Kolik ist er glücklicherweise so klug, diese Wickel nicht mehr zu schlucken. Das hätte ihm damals nämlich fast das Leben gekostet.

Seit dieser Zeit bekommt er täglich aufgeweichte Grascobs, in Kombination mit einigen anderen Zutaten: Hafer, Sonnenblumenkerne, Weizenkleie für Unterhautfett, Rentnermüsli (für den Geschmack) und eine spezielle gehäckselte Faser für Senioren, damit genug Rohfaser ins Pferd kommt. #sthippolyt

Ach ja, eingedeckt wird er ab Herbst auch, obwohl er wirklich ordentlich Winterfell bekommt.  Aber er übersteht den Winter mit Decke ohne Pfunde zu verlieren.  Genug auf den Rippen zu haben, ist einfach oberste Prämisse. 

Die angepasste Fütterung ist gerade bei älteren Pferden immens wichtig. Es ist tatsächlich nicht notwendig, dass alte Pferde knochig und eckig werden. Allerdings muss man fairerweise auch sagen...Grascobs und Co gehen ordentlich ins Geld.
Daher ein kurzer Tip am Rande: Grascobs kann man um ein vielfaches günstiger direkt ab der Trocknungsanlage beziehen.  Oder einen befreundeten Landwirt fragen, ob er nicht ein Stück kräuterreiche Wiese dort pelletieren lassen kann.

Der zweite Aspekt, der sich verändert, das  sind die Eigenheiten des Tieres. 

Mein Methusalem wird wunderlich.

Er hat das unfassbare Glück eine Reitbeteiligung zu haben, die ihn seit über 10 Jahren auf seinem Weg ins Alter begleitet und seine Tagesformen hinnimmt.
Das kann an einem Tag sein, dass er  urplötzlich in den Acker springt und die restlichen Mitreiter im gestreckten Galopp überholt, danach zufrieden schnaubt und die Gruppe zuvorderst nach Hause führt.
Beim nächsten Mal allerdings an der ersten Kreuzung den Weg nach Hause einschlägt und auch wirklich nicht davon abzubringen ist.
An anderen Tagen hält er mitten auf dem Weg an und zeigt spanischen Schritt, weil er nämlich gerne ein Leckerli hätte. Und noch eines an der nächsten Kreuzung und weitere am Jägerstand,  der Sitzbank, den geschnitzten Holzeulen und dem Bienenhäuschen.

Er tut einfach wozu er Lust hat und das ist in Ordnung.
In der Herde pflegt er die Freundschaft mit meinem Friesen.  Das hat sich auch verändert.  Mit der Eingliederung des Schwarzen in die Herde, hat der Alte seinen Chefposten abgegeben und ist nun Vize. Dafür schirmt ihn der Friese ab, wenn die jungen Wallache mal wieder auf Krawall aus sind.

Manchmal steht er mit einem versunkenen Blick in der Sonne. In solchen Momenten wünsche ich mir, er könnte erzählen, was er in den 35 Jahren alles erlebt. Und ich würde ihn so gerne fragen, ob es für ihn in Ordnung ist, wie sein Leben verläuft.
Und dann sehe ich ihm bei einer weiteren Alterserscheinung zu. Nämlich, "das füttern".
Ich beobachte ihn, wie er Heuhalme aus der Raufe zieht, mit übervollem Maul auf seinen Freund, den Friesen zugeht und dieser ihm das Heu aus dem Maul zupft und frisst.

 

Und in diesem Moment weiß ich ... Dieses Pferd ist sehr sehr alt.
Und wunderlich.
Aber er macht für sich das Beste aus seinem Alter.
Und dann bewundere ich ihn dafür.
Und bin stolz auf diesen, meinen jahrzehntelangen,  Wegbegleiter...

Es füttert...
Es füttert...